Von Dagmar SimonsNeuruppin. Die Freude am Singen steht bei den 18 Sängerinnen und Sängern im Chor der katholischen Kirche in Neuruppin im Vordergrund. „Da hört man schon einmal über einen schiefen Ton hinweg“, sagt Chorleiterin Agnes Kuhn. Das heißt nicht, dass sie alles durchgehen lässt. Die anderthalb Stunden Probe jeden Montag werden ohne Pause durchgezogen.Die Dirigentin klatscht in die Hände und Ruhe kehrt ein. Im Stehen wird sich eingesungen mit dem Kanon Shalom. Anschließend werden Muskeln und Stimmbänder gelockert, der Nacken des Vordermannes massiert. Dann wird es ernst: Am Repertoire für das bevorstehende Adventskonzert am zweiten Adventssonnabend muss noch gefeilt werden bis jeder Ton sitzt.
Artikel veröffentlicht: Freitag, 01.12.2017 16:00 Uhr
Beim ersten Titel zeigen sich kleinere Unsicherheiten beim Alt. Die sind nach einem Alleingang schnell beseitigt. „Männer, euch schmeiße ich ins kalte Wasser“, sagt Agnes Kuhn. Die Herren sind zwar deutlich in der Unterzahl mit drei Bässen und einem Tenor, doch sie behaupten sich souverän gegen die weibliche Übermacht. „Ein Durchgang im Stehen“, ordnet Agnes Kuhn an. Die Verwaltungs- und Wirtschaftsfachfrau, die den C-Kantor-Abschluss für den nebenberuflichen kirchenmusikalischen Dienst in Halberstadt gemacht hat, leitet den Chor seit fünf Jahren. Ihr Vorgänger hatte aus beruflichen Gründen aufgehört. Sie wurde angesprochen, weil sie im Wechsel mit zwei anderen Gemeindemitglieder zum Gottesdienst die Orgel spielt: „Du kannst doch Orgel spielen, da kannst du auch einen Chor leiten“, bekam sie zu hören. Sie war sich da anfangs nicht ganz so sicher und hatte sich erst einmal eine Probezeit erbeten. Die bestanden offensichtlich beide Seiten und haben seitdem miteinander viel Spaß.
Den hat auch der 84-jährige Klaus-Peter Garitz noch immer, auch wenn er merkt, dass die Stimme altersbedingt etwas nachlässt. Um aufzuhören, ist er zu gerne Chorsänger. Eine Zeit lang ist er zweigleisig gefahren, wie er sagt, hat in der Kantorei und in der katholischen Kirche gesungen. „Das ist meine Gemeinde“, trug zu seiner Entscheidung für den katholischen Kirchenchor bei. Dabei ist die Kirchenzugehörigkeit nicht notwendig, um mitzusingen. Auch zwei Nichtkirchenmitglieder sind im Chor. Wichtig ist die Freude am gemeinsamen Singen. Und die haben alle, das ist deutlich spürbar.
Das Repertoire des Chores, den es bereits seit dem Jahr 1906 gibt, damals mit 15 Sängern, umfasst über 100 Titel, bisher ausschließlich geistliche Literatur. Das soll langfristig nicht so bleiben. „Wir haben uns auch weltliche Lieder auf die Fahne geschrieben“, sagt Agnes Kuhn. Doch aus Zeitgründen konnte sie das Vorhaben noch nicht in die Tat umsetzen.
Vier Mal im Jahr singt der Chor als Begleitung zum Gottesdienst. Dazu kommt das einstündige Adventskonzert mit anschließendem gemeinsamen Kaffeetrinken, das Tradition hat. Bei diesem besonderen Auftritt bekommen die Sänger Unterstützung vom ökumenischen Posaunenchor.
Für das Konzert hat Chorleiterin Kuhn zwar schon den Plan im Kopf. Die endgültige Entscheidung, was gesungen wird, steht noch aus. Und so heißt es: üben, üben und üben. Beim Eingangschor „Seht, die gute Zeit ist nah“ wünscht sich Agnes Kuhn mehr Schwung. Es soll klingen wie Glockengeläut. Sie mahnt an, deutlich zu sprechen. Einmal alles durchsingen: „Ich glaube, Ihr habt es drauf“, lobt sie die Sängerschar. Sie gibt die Töne auf dem Keyboard für jede Stimme an. Jede Stimme singt ihren Ton an. Chor und Chorleiterin sind ein eingespieltes Team. 2012 übernahm Agnes Kuhn den Chor, der seit Anfang seines Bestehens schon etliche Dirigenten hatte, unter anderem die Frau des ehemaligen Kantors der evangelischen Kirche Martin Domke.
Es ist ein freundliches Miteinander. Es darf auch mal zwischendurch gelacht werden. Die Stimmung ist gelöst. Die Sänger kennen sich teilweise seit Jahren. Deshalb sitzen sie oftmals nach der Probe noch gemütlich zusammen. Mal gibt jemand etwas nachträglich zum Geburtstag aus, aber auch ohne Anlass gibt es viel zu erzählen. Bevor der Chor in die Sommerpause geht, veranstaltet er einen gemeinsamen Grillabend.
Wunschlos glücklich? Fast. Die Sängerinnen und Sänger würden sich über Verstärkung freuen. Jeder, der gerne singt, ist willkommen.
Info Der Chor probt jeden Montag ab 19 Uhr im Wichmannsaal, Präsidentenstraße 86 in Neuruppin.
